Was wird in der Stille bewusst - und warum ist das ein Problem?

Viele von uns haben ein Problem mit Stille. Alleine mit sich in einer lautlosen Umgebung, wenn möglich abseits jeglicher Sinneseindrücke. Schon die Vorstellung daran löst in vielen Menschen ein Unbehagen aus. Aber warum ist das so? Was hat die Stille an sich, die uns in so ein Unbehagen kommen lässt? Lasst uns das mal näher betrachten: …

In unserem Alltag sind wir in der Regel einem Overload an Sinneseindrücken ausgeliefert. Input den ganzen Tag vom Aufstehen bis zum erschöpften Abgang in die Falle. Schon morgens wird meist der Radio aktiviert, das Handy gecheckt, Nachrichten schnell gelesen und die wichtigsten beantwortet. Dann geht’s nach dem Frühstück vor die Tür und auf ins „Hamsterrad“. Egal welcher Tätigkeit du nachgehst, einer Reizüberflutung deiner Sinne kommst du so gut wie nicht mehr aus, zumindest nicht unbewusst. Und damit wir in dieser reizüberfluteten Welt bestehen können und nicht jeden zweiten Tag durchdrehen, haben wir uns eben daran gewöhnt. Unser System akzeptiert das als unseren Normalzustand.

Und nun versuch mal in dieser reizüberfluteten Welt mit Stille klar zu kommen. Denn in der Stille wird uns dann so einiges bewusst, dass im Alltag „verschüttet“ bleibt.

  • Das Geplapper im Verstand geht los

  • Körperempfindungen werden deutlich stärker wahrgenommen (Du spürst dich plötzlich)

  • Verdrängte Gefühle kommen hoch (ob du willst oder nicht)

Je stiller es um uns wird, desto lauter hören wir unsere inneren Stimmen: „Was mach ich jetzt nur in der Stille, was soll ich tun, oder soll ich nichts tun, warum denke ich überhaupt darüber nach, oh Gott vielleicht bin ich nicht normal…“ So oder so ähnlich könnte es dann losgehen, das Geplapper. Stille ist eine für uns ungewohnte Situation und lässt uns daher in die Unsicherheit abgleiten, was wiederum das Geplapper auslöst. Wenn du vielleicht Erfahrung mit Meditation hast, ist das bei dir vielleicht nicht mehr ganz so krass, aber wenn man erst beginnt, sich mit Stille zu befassen, kann das schon passieren. Aber wie kann ich das Geplapper abschalten, wenn es „über mich kommt? – Konzentriere dich auf deine Atmung. Sinke ganz in die Atembewegung ein: Einatmen – Ausatmen; denn mit der Atmung bist du automatisch ganz im Hier und Jetzt und die Gedanken (das Geplapper), die auftauchen ziehen weiter ohne dass du sie festhalten musst.

Und dann sind da in der Stille die deutlich intensiver wahrgenommenen Körperempfindungen. „In der Stille spüre ich Körperteile und Organe, die ich so den ganzen Tag nicht wahrnehme“, könnte es da lauten. Warum? In der Nicht-Stille bin ich im Außen, in der Außenwelt, vom Input von außen geprägt und gesteuert. In der Stille bin ich im Hier und Jetzt und somit auch ganz bei mir. Da ist es nur logisch, dass ich mich weit intensiver wahrnehme, als in der Nicht-Stille. Achte auf deine Körperempfindungen; wo spürst du Verspannungen, wo ein Zucken, wo ein Brennen, wo ein Kribbeln. Dann versuche mit der Atmung ganz in diese Körperempfindungen hineinzugehen. Das mag dir am Anfang vielleicht komisch vorkommen, aber das hilft dir wieder mehr mit deinem Körper zu kommunizieren, denn dein Körper spricht über diese Empfindungen mit dir, will dir mitteilen, wenn etwas nicht stimmt, etwas nicht rund läuft.

Und je mehr du dich auf die Stille einlässt, desto eher können auch Gefühle hoch kommen mit denen du gar nicht gerechnet hast. Es kann sein, dass du plötzlich zu heulen beginnst, ohne zu wissen warum, oder innerlich zu lachen, dass es dich fast zerreißt, ebenfalls ohne zu wissen warum. Oft haben wir unsere Gefühle so tief vergraben, weil sie uns in unserer Außenwelt stören und hinderlich sind, weil wir eventuell negative Erfahrungen gemacht haben im Umgang mit diesen Gefühlen, daher weg damit. Aber weg damit heißt nicht aufgelöst, sondern nur vergraben. Und in der Stille kommen diese Gefühle dann wieder. Und auch hier bietet sich an: Versuch dich ganz diesen Gefühlen hinzugeben. Lasse sie zu. Versuch sie eventuell sogar noch zu intensivieren. Du wirst dich danach freier fühlen und auch Körperverspannungen werden sich dadurch lösen.

 

Stille und Nicht-Stille, wie zwei Welten. In einer sind wir es gewohnt zu leben, in der anderen nicht. In der Nicht-Stille leben wir fast ausschließlich im Verstand und in der Stille begeben wir uns in unseren Herzensraum, begeben wir uns zu uns selbst. Und wenn du erst einmal gelernt hast mit dir selbst in diesem Herzensraum zu verweilen, wirst du es lieben in der Stille zu sein, weil alles aus der Stille heraus auftaucht und auch wieder in der Stille verschwindet. Jeder Ton, jedes Geräusch tut das. Du kannst das selbst ganz leicht beobachten. Es kommt aus der Stille, verschwindet wieder in die Stille und ist während seiner Existenz von Stille umgeben. Somit liegt in der Stille die Urkraft der Nicht-Stille. Und wenn du dich in die Stille begibst, wirst du diese Urkraft auch spüren können. Sicher nicht beim ersten Versuch, wenn du dich mit Stille beschäftigst, aber sicherlich nach und nach.

Ich wünsche die eine stille kraftvolle Zeit

 

Namaste

Anutosho

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